KARATEDO - Der Weg der leeren Hand
 


Da sich mein Referat nicht nur mit dem Technischen-Karate, sondern vorwiegend mit dem Mentalen-Karatedo auseinandersetzt, muss ich voraussetzend erwähnen, dass das Do in der japanischen Budo-Philosophie und dessen Verständnis, Weg im mentalen Sinn bedeutet. Die globalen Budo-Kampf-Künste beinhalten alle in ihrem Hintergrunddenken das gleiche Ziel. Sie unterscheiden sich lediglich in den spezifischen technischen Ausführungen, nicht aber in den unterstützenden Grundprinzipien, wie Wissen, Intensität und Effizienz, und den Komponenten, wie Geist, Charakter, Glaube, Harmonie, Energie, Geduld, Konzentration, Körperbeherrschung und Perfektionierung.

Ursprünglich bedeutete Karatedo, der Weg der chinesischen Hand. Im Laufe der Zeit wurde das Karatedo abgeändert übersetzt, und bedeutet heute wörtlich, der Weg der leeren Hand, ist aber effektiv als Philosophie der leeren Hand zu verstehen. Das Karatedo soll schlussendlich für das Gleichgewicht von Körper und Geist dienen, mit seiner strengen Dynamik der Disziplin und der Selbstdisziplin, indem man mit Hilfe des Karate, das Karatedo verstehen und umsetzen lernt.

Das Shotokan-Ryu Karatedo, wurde aus dem Wissen von Gichin Funakoshi O-Sensei kreiert, und bedeutet sinngemäss, der Weg der leeren Hand des Hauses im Pinien-Wald. Dieser Begriff Shotokan, rührt daher, dass Gichin Funakoshi O-Sensei zu Lebzeiten, auch Dichter und Kaligraphien-Maler war, und als Pseudonym den Namen Shotokan verwendete, mit dem er stets seine Arbeiten Unterzeichnete. Nach seinem Tod (1868-1958), benannten seine damaligen Schüler ihren Karatedo-Stil, zu Ehren ihres O-Sensei nach dessen Pseudonym.

Im Karatedo ist die Kata die intensivste Form, die Meditation in Bewegung zu praktizieren. Für mich stellt die Kata den Inbegriff des Karatedo dar, in ihrer Art ist die Dynamik und die Meditation so harmonisch miteinander verschmolzen, dass ich die Kata als optimales Karatedo-Werkzeug empfinde, folgedessen sehe ich den hohen Qualitäts-Stellenwert der Kata, als den Weg des Findens der Selbsterkenntnis, an. Auch in anderen Budo-Künsten, wie Iaido, Kendo, Kobudo, Kokyu no Renshu, etc. geniesst die Kata diesen hohen Qualitäts-Stellenwert.

Die Budo-Kampf-Künste haben alle das gleiche ethische- und philosophische Gedankengut, sie dienen dem Studium, innerhalb eines gewählten Weges, und führen alle über das körperliche Praktikum zur geistigen Reife.

Obschon das Karatedo eine wirkungsvolle Selbstverteidigung beinhaltet, so ist dies nicht der letzte Zweck. Das Üben auf den Tatami (Matten) im Dojo (Trainingsraum), ist vielmehr als Mittel zum Zweck, für die Entfaltung der gesamten Persönlichkeit zu betrachten, folgedessen ist das Karatedo ein grosser Gewinn für das ganze Leben.

 
Jamy-Sensei  

Trainings-Verständnis im Karatedo
 


Die Essenz des Lernprozesses im Karatedo, ist nicht die Fehlerfreiheit zu perfektionieren, sondern durch Fehler zu lernen, eventuelle Fehler oder Unachtsamkeiten vorauszusehen, und dadurch seine Intuition zu sensibilisieren, stärken und perfektionieren, denn es ist leider unmöglich jede Situation in weiser Voraussicht zu üben, um spätere Fehler zu vermeiden. Ist jedoch die sensibilisierte Intuition wachsam, dann leitet sie mich automatisch in Richtung Ziel, auf dem richtigen Weg.

Die Trainings-Aktivitäten sollten in keinem Fall so betrieben werden, dass die Aktionen nur im Training funktionieren, da sonst der Ernstfall-Effekt resp. –Reflex eine Illusion bleibt. Man muss im Training auch die Effizienz praktizieren, und diszipliniert, konzentriert und kontrolliert trainieren, und nichts dem Zufall überlassen. Dabei spielt die benötigte Zeit diese Perfektion zu erlangen, überhaupt keine Rolle, weder in der Lernphase noch in der Praktikumsphase, denn nur eines zählt, es muss im Ernstfall beim ersten Mal funktionieren. Koko to Ima, hier und jetzt, und ganz bewusst, sollte man im Training versuchen, mit seinen Techniken eine ernstfallsechte Trainingspraxis zu erwirken, ohne seine Trainings-Partner zu gefährden oder gar zu verletzen.

Zur Verbildlichung stelle man sich vor, einen Brief mit vielen Fehlern zu schreiben, dann bleibt zwar der inhaltliche Sinn der gleiche, aber die Gesamtwirkung wird extrem abgeschwächt, und verliert an Autorität und Kompetenz. Wenn man dagegen den gleichen Brief perfekt und fehlerfrei schreibt, dann trifft die autoritäre und kompetente Wirkung genau ins Ziel. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob der Brief in 10 Minuten oder in 10 Stunden geschrieben wurde, denn die Effizienz und die Qualität des resultierenden Schriftstückes ist massgebend.

 
Jamy-Sensei  

Disziplin im Karatedo
 


Es ist notwendig, um die Effizienz jedes Karatedo-Ka zu erhöhen, ein gewisses Mass an Disziplin vorzuschreiben. Darüber hinaus kann der Karatedo-Ka seine eigene Qualität nur noch durch Selbstdisziplin steigern. Die Selbstdisziplin fängt schon bei banalen Kleinigkeiten an, wie das Verhalten beim Betreten des Dojo, oder beim Plazieren seiner Zoris (Fusschläppchen), etc..

Die Disziplin, die ich in meinem Dojo vorschreibe, ist das korrekte Grüssen beim Betreten des Dojo und der Tatami (Matten), das korrekte Verhalten untereinander, das obligatorische Füsse waschen vor jedem Training, die Artikulation des Dojo-Kun (Dojo-Regeln) auf japanisch, vor und nach jeder Lektion, das Verbot zu fluchen, bei dessen Verstoss 20 Straf-Liegestützen absolviert werden müssen. Ausserdem müssen meine Karate-Ka während einem Erklärungsunterbruch, in einer laufenden Übung, in ihren momentanen korrekten Stellungen verharren bleiben. Auch das korrekte und höfliche Anmelden bei einer Frage während des Trainings und die Bedankung gehören dazu.

Durch diese Massnahmen wird der Charakter der Karatedo-Ka auf den richtigen Weg gelenkt, und die Konzentration gesteigert das Training ernst zu nehmen, denn die Schüler, die diese disziplinarischen Regeln nicht akzeptieren können, halten das Training, auf längere Zeit gesehen, erst gar nicht durch und bleiben fern, was sicherlich keinen grossen Verlust darstellt.

 
Jamy-Sensei